Ägyptische Hengste wiesen die RichtungEin besonders wichtiges Jahr in Bezug auf die Entwicklung der deutschen Zucht war 1955, denn hier kam es erstmals nach dem Krieg zu Importen aus dem orientalischen Raum. Pferde aus Ägypten hatten schon immer in der Geschichte von Weil-Marbach eine Rolle gespielt, und im Jahr 1955 importierte man erstmals wieder Pferde aus diesem Land – ein Umstand, der auch für die private Zucht von größter Bedeutung war. |
Zum einen reichte der Einfluss des für Marbach importierten Nazeer-Sohns Hadban Enzahi weit über das Haupt- und Landgestüt (und auch über die Grenzen Deutschlands) hinaus; zum anderen kamen gleichzeitig durch Fürst Knyphausen auch die ersten privat importierten Ägypter ins Land: ein zweiter Nazeer-Sohn, Ghazal, sowie die Stute Moheba, tragend mit ihrer Tochter Malacha, die eine der bedeutendsten Stutenfamilien der deutschen Gesamtzucht begründen sollte.
Wenige Jahre später wurde das Trio der deutschen Nazeer-Söhne komplett, als der etwas jüngere Kaisoon als Staatsgeschenk der ägyptischen Regierung im Duisburger Tierpark landete. |
Wurden die hoch edlen Ägypter zunächst gerade wegen ihres Adels mit Misstrauen betrachtet, so eroberten sie doch bald die Herzen im Sturm – so sehr dass die ägyptischen Linien schon bald zum dominierenden Faktor der deutschen Privatzucht werden sollten.
Die drei Stempelhengste Hadban Enzahi, Ghazal und Kaisoon schlugen ein, wobei die beiden ersten sich als absolut dominante Vererber erwiesen. |
Kaisoon, der nach zögerlichem Anlauf zum über Jahre hinweg meistbeschäftigten AV-Vererber Deutschlands avancierte, stempelte zwar nicht in dem Maße, verfeinerte seine Nachkommen aber durchweg im Typ.
Auf dieser Basis – Marbach, Achental, und die neuen ägyptischen Importe – entwickelte sich die Zucht während der 60er Jahre ohne große Umwälzungen. Es kam ab und zu ein Pferd aus anderen Ländern dazu – zu nennen wären vor allem der polnische Hengst Karmin, die spanische Stute Algaida sowie der in Holland aus englischen Linien gezogene Hengst Nizar – die zu jener Zeit noch im Genpool aufgingen, ohne dabei große Wellen zu verursachen. Als Ende der 60er Jahre Erika Schiele das Buch „Araber in Europa“ veröffentlichte, war die Szene noch überschaubar. |
Das sollte sich aber gerade im Gefolge des Buches ändern, denn es machte die Züchter darauf aufmerksam, dass es auch in anderen Ländern bedeutende und durchaus interessante Vollblutaraberzuchten gab.
In den 70er Jahren wurde heftig importiert – zwar immer noch überwiegend ägyptische Pferde (woran der 1974 in Deutschland gegründete Asil Club sicher einen nicht geringen Anteil hatte), aber auch Pferde aus Polen, Spanien und der Sowjetunion. Pferde aus allen drei Ländern hatte es zuvor schon gegeben, aber nur vereinzelt. |
Die polnischen Hengste Halef, Wisznu und Karmin hatten ihren Anteil beim Aufbau der Zucht geleistet, allerdings – im Gegensatz zu ihren ägyptischen Zeitgenossen Hadban Enzahi, Ghazal und Kaisoon – keine Modewelle ausgelöst.
Die Congo-Tochter Algaida war ein absolutes Einzelstück, bis das Ehepaar Merz Anfang der 70er eine größere Gruppe Stuten aus Spanien importierte. |
Einzelne russische Hengste und Stuten waren zuvor schon durch Händler nach Deutschland gelangt; Anfang der 70er sogar der bedeutende Tersker Hauptbeschäler Salon, der aber in Deutschland nie die ihm zustehende Wertschätzung erfuhr.
Eine Auswertung erfuhren die „Russen“ erst mit der Ankunft des Hengstes Kilimandscharo, der zusammen mit einigen Stuten von Silvia Garde-Ehlert importiert wurde und hier zum Star-Vererber avancierte. |