Neuordnung der Hengstleistungsprüfungen ab dem Jahr 2011

Die Änderung des Tierzuchtgesetzes aus dem Jahr 2006 hat auch geregelt, dass sich der Staat aus den Hengstleistungsprüfungen zurückzieht. Diese Aufgaben sollen nun die Zuchtverbände übernehmen und wollen dies künftig unter dem Dach der FN tun. Seit geraumer Zeit bereits hat sich eine Kommission aus Vertretern der Deutschen reiterlichen Vereinigung sowie der Zuchtverbände mit dieser Neuordnung beschäftigt. Die Eckdaten für diese neue Regelung, die ab dem Jahr 2011 greifen soll, sind nun festgelegt.

In Kassel wurden sie den Verbänden und den Hengsthaltern vorgestellt. An der Sitzung nahmen auch die beiden Araberzuchtverbände teil. Der VZAP wurde vertreten durch Zuchtleiter Diether von Kleist und Melitta Burger. Für den ZSAA waren Vorsitzender Ahmed Al Samarraie und Thomas Wehner vor Ort.
Die wichtigste Nachricht für alle Züchter von Arabischen Pferden zuerst: Die Feldleistungsprüfung der Araberzuchtverbände wird für die Pferde dieser Rassen auch weiterhin unverändert  voll anerkannt.

Erhebliche Neuerungen werden sich dagegen für den 30- und 70 Tage-Test ergeben.

Die Ursachen für die Veränderung liegen dabei nicht nur in den Veränderungen durch gesetzliche Vorgaben. Dr. Thomas Nissen, Zuchtleiter und Geschäftsführer des Holsteiner Verbandes, brachte es in Kassel klar auf den Punkt. Die HLP sei in den vergangenen Jahren immer mehr verwässert und auch manipuliert worden. Die deutsche Zucht habe sich deshalb entscheidend geschwächt und an Terrain verloren. Als gutes Beispiel nannte Dr. Nissen dagegen das System, das in Holland angewandt wird: „Etwas ähnliches muss uns auch in Deutschland gelingen, um der Prüfung den Sinn wieder zurückzugeben.“ 
Kritische Töne zum bisherigen System der HLP auch von der FN: Dr. Miesner machte deutlich, dass das bisherige System des Index überholt ist und sich in der Neuordnung aufgrund fehlender Vergleichbarkeit nicht wiederfinden wird. Dr. Miesner bemängelte zudem auch das teils sehr unterschiedliche Notenniveau der verschiedenen Prüfanstalten. Dr. Miesner berichtete von erheblichem „Druck“, der vor allem auch von Besitzern „gigantisch teurer Hengste“  auf Trainingsleiter und Prüfanstalten ausgeübt wurde.

Das soll künftig – unter Federführung der FN – anders werden:

Ein Richterpool, der nicht nur zur Prüfung, sondern schon während des laufenden Trainings die Pferde und ihren Ausbildungsfortschritt begutachtet, soll gebildet und durch die FN den jeweiligen Prüfanstalten zugeteilt werden. Dabei werden andere Richter das Training zusammen mit dem örtlichen Trainingsleiter bewerten als in der eigentlichen Prüfung. Neu: Stewards sollen die Prüfanstalten als eine Art Qualitätsmanager aus den Verbänden während der gesamten Prüfung begleiten. Auch die Fremdreiter werden durch die FN den Prüfanstalten zugeteilt.
Wer künftig seinen Hengst zur HLP anmeldet, tut dies zentral bei der FN und kann auch seinen Wunsch-Prüfort angeben. Zustande kommt eine Prüfung allerdings in Zukunft nur, wenn mindestens 25 Hengste für eine Prüfanstalt verbindlich gemeldet sind. Kommt eine Prüfung nicht zustande, wird sich die FN mit den Hengsthaltern in Verbindung setzen und nach Möglichkeit für die Pferde einen anderen Prüfort finden.
Zur HLP angemeldet werden können nur noch Hengste, deren Besitzer Mitglied in einem deutschen Zuchtverband ist. Hengste, die zur Prüfung kommen, müssen in einem Zuchtbuch eingetragen sein. (Dr. Miesner: „In Zukunft wird kein Kanonenfutter für den Index mehr notwendig sein.“)
Bei Widersprüchen wird es ein einstufiges Schiedssystem geben. Der  Spruch dieser Kommission ist verbindlich.
Beschicker der HLP schließen künftig zwei Verträge ab: Über Pension und Beritt mit der Prüfanstalt; über die Prüfungsdurchführung mit der FN.
Die neue HLP sieht eine Vielzahl von Noten aus verschiedenen Bereichen vor. Für alle Bereiche wird es gewichtete Endnoten geben.

Neu: Die Zuchtwertschätzung

Ganz neu kommen Werte für die Zuchtwertschätzung Pedigree, die Zuchtwertschätzung HLP und die Abweichung aus diesen beiden Werten in das neue HLP-System. Damit soll eine bessere Vergleichbarkeit erreicht werden.
Für die Zuchtwertschätzung Pedigree werden die HLP-Ergebnisse der Vorfahren eines Hengstes herangezogen. Der Mittelwert liegt bei 100. Es können sich Abweichungen nach oben wie nach unten ergeben. Veredlerrassen, bei denen (z.B. bei Vollblütern) mangels klassischer HLP-Ergebnisse der Vorfahren keine Zuchtwertschätzung Pedigree vorliegt, werden mit dem Mittelwert 100 gelistet.
Der Zuchtwert HLP errechnet sich für den jeweiligen Hengst ausschließlich aus seinen  Prüfungsergebnissen  in schritt, Trab, Galopp, Rittigkeit, Freispringen und Parcours-Springen. Die Noten aus dem Gelände wie auch die Interieur-Noten finden in der Zuchtwerberechnung keinen Niederschlag.
Der dritte neue Wert, der sich aus diesen beiden Zuchtwerten ergibt, ist die Abweichung zwischen ihnen. Dieser Wert wird in der neuen Prüfung auch ausgewiesen und bezieht sich ausschließlich auf das jeweilige Pferd. Ein Hengst, der mit einem eher niedrigen Zuchtwert Pedigree von z.B. 90 in die HLP geht, diese mit einem HLP-Zuchtwert von z.B. 120 besteht, hat eine Abweichung von +30 und damit ein beachtenswertes Ergebnis erzielt. Umgekehrt:  Die Vorfahrenleistung weist einen Zuchtwert Pedigree von 130 aus und der Hengst schneidet selbst mit einem Zuchtwert HLP von 100 ab. In diesem Fall wird im Prüfergebnis eine Abweichung von -30 vermerkt.
Dr. Miesner ist sich über die Wirkung dieser neuen Regelung sicher: „Ein Pferd kommt mit einem bestimmten Zuchtwert Pedigree in die Prüfung. Wenn es dort überzeugt, kommt es auch nach oben.“ 
Der Zuchtwert HLP wird übrigens getrennt in Dressur und Springen, jeweils mit der Abweichung zum ZW-Pedigree vermerkt.
Mit zahlreichen Noten haben die Verbände unterschiedliche Möglichkeiten, welche Ergebnisse sie von den Hengstleistungsprüfungen veröffentlichen. Welche Noten öffentlich gemacht werden, liegt allein bei den Verbänden, die bislang noch nicht öffentlich festgelegt haben, welche Einzelnoten sie den Züchtern zur Verfügung stellen werden.

Auch der Nennungsschluss für die Hengstleistungsprüfungen ist bereits festgelegt:
Für die Frühjahrsprüfungen ist es der 15. Dezember, für die Herbstprüfungen der 1. Mai.

Nicht verändert werden die optionalen Möglichkeiten, eine HLP abzuschließen:
Es bleibt die Möglichkeit der Turniersportprüfung unverändert
Ebenso unverändert bleibt die Möglichkeit des 30 Tages-Tests mit anschließender Bundeschampionats-Qualifikation
Für Landgestüte soll es keine individuellen Prüfungen mehr geben.

Die Trainingsnoten in der HLP vergeben künftig: Der Trainingsleiter zusammen mit zwei Trainingsbewertern. Diese werden während der laufenden Prüfung viermal für je ein bis drei Tage auf der Station anwesend sein (im 30 TT dreimal für ein bis zwei Tage).
Die Prüfungsnoten werden von zwei  Prüfungsbewertern vergeben. Während der Prüfung sind Stewards aus den Verbänden in den Prüfanstalten vertreten und sorgen für Qualitätssicherung.
Das neue System hat bereits zahlreiche Instanzen durchlaufen und soll spätestens ab dem kommenden Jahr durch die FN öffentlich vorgestellt und beworben werden.

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