Die Zuchtgeschichte

Die Anfänge dieser eigenständigen arabischen Zuchtrichtung führen uns in das Ende des 18. Jahrhunderts. Zu Zeiten Maria Theresias war die österreichische Pferdezucht im Lande durch die zahlreichen Türken- und Erbfolgekriege nahezu zum Erliegen gekommen.

Die Rappstute Babolna (O´Bajan XIII x 198 Kemir II) gehört mit ihren bedeutenden Söhnen Bartok, Balaton und O´Bajar zu den Gründerstuten der deutschen Zucht. (Foto: E. Escher)
Gute Remonten waren Nagelware. Daher war die Hauptaufgabe der österreichisch-ungarischen Gestüte unter Kaiser Joseph II, geeignete Beschäler zur Verbesserung der Landeszucht zu stellen.

Im Mittelpunkt der Bemühungen stand die Erzeugung eines vielseitigen, ausdauernden Reit- und Wagenpferdes für die österreichisch-ungarische Armee und für die Landwirtschaft.

Es waren die beiden ursprünglichen Remonte Sammel- und Aufzuchtstellen Kotzmann (1774, später Radautz 1792), das heute in Südost-Ungarn gelegenen Mezöhegyes (1785) und das ungarische Edelgestüt Bábolna (1789), die mit der Zucht dieser damals als „Araber-Rasse“ bezeichneten Pferde befasst waren.

Pushkin v. Pamino, Siegerhengst der Leistungsprüfung in Warendorf gegen Warmblüter. (Foto: I. Neven DuMont) Das Rezept für die Entstehung ist uns bekannt: bewährte Stuten aus den Militärgestüten wurden mit Originalarabern gedeckt, um die Vorteile des arabischen Blutes mit denen eines europäischen Reitpferdes zu verbinden.

Aufwendige gefährliche Ankaufsmissionen hatten die original arabischen Stammväter aus der Wüste (meist aus Syrien) ins Land gebracht. Die Basis bildeten Stuten aus der Moldau, Siebenbürgen und der heutigen Ukraine.

Es wurde damals großes Augenmerk auf die Erhaltung der Stutengrundlage gelegt: die Stammgestüte hatten zur Anlage, den Bestand an Mutterstuten durch Auswahl des besten Nachwuchses möglichst vollzählig zu erhalten.

In den Militärgestüten wurde eine strenge Stammzucht eingeführt. Zuchtstuten durften bis auf wenige Ausnahmen nicht angekauft werden, sondern mussten sich aus der gestütseigenen Nachzucht rekrutieren. So lassen sich die Stutenfamilien heute sehr weit, in einigen Fällen sogar bis 1775 zurückverfolgen.
Im Verhältnis zu der großen Anzahl von Hengsten, die damals verwendet wurden sind, gelang es nur einer relativ kleinen Zahl, bleibende Stämme zu begründen.

Dazu gehören die alten Stämme Siglavy, Amurath, Shagya, Dahoman, Gazlan-Gazal, Jussuf, Koheilan. O’Bajan, Hadban, Kemir, Mersuch, Siglavy, Bagdady, Kuhaylan Zaid, Kuhailan Haifi.

Shagal (Shagya I x 48 Siglavy Bagdady VI), ein imposanter Leistungshengst, dem es trotz stattlichen Stockmaßes (1,65m) an arabischem Typ nicht mangelt (Foto: M. Schwöbel)
Inzwischen gibt es aber auch die etwas neueren, wie El Shaa und Nedjari. Die Nachzucht wurde – der Systematik der österreichisch-ungarischen Monarchie gehorchend, die das Denken in Stämmen vorschrieb – den väterlichen Vorfahren entsprechend benannt und mit einer römischen Nummer versehen.
 Kopfstudie von Myklos (li.) und Tamias, beide aus dem Gestüt Reichshof. (Foto: M. Schwöbel) Da die österreichisch-ungarischen Staatsgestüte und Landespferdezuchten untereinander in regem Blutaustausch standen, erhielten sich die meisten dieser Stämme bis heute.

In der inzwischen vorherrschenden Privatzucht tragen die Hengste und Stuten aber heute längst Eigennamen.

Nach dem 1. Weltkrieg wurden die wertvollen Bestände auf die Nachfolgestaaten der Donaumonarchie verteilt: Polen, Slowakei, Österreich, Rumänien, Ungarn und Jugoslawien.

So gab es Shagya-Araber neben Bábolna und Radautz auch in Piber, Topolcianky, Janow-Podlaski, Karadjordjeve, Borike, Kabiuk und Mangalia, um die wichtigsten zu nennen.

Nach 1945 waren eine ganze Reihe durch Kriegswirren versprengte Pferde dieser Rasse in der Bundesrepublik Deutschland geblieben und dort zur Zucht eingesetzt worden. Ihre Anzahl wurde durch zu Zeiten des eisernen Vorhangs schwierige – Importe aus den Ostgestüten erhöht. Insider kannten diese Rasse und wussten um die Geschichte und die Vorzüge dieser hochgeschätzten arabischen Zuchtrichtung, die seit ihren Anfängern auf Reit- und Fahreignung selektiert worden war.

Es zeigte sich bald, dass eine ganz erhebliche Anzahl von „des Kaisers Pferden“ sprichwörtlich im Exil waren. Nun galt es noch, dieser Zuchtrichtung in die Eigenständigkeit zu helfen; ihnen eine neue Heimat zu geben. Dazu gehörte neben der Erstellung eines Stutbuches auch eine neue Namensgebung für diese Rasse. Der mehrfache Champion Bazar (Bajar x Sabrina) wirkte züchterisch auf dem brandenburgischen Haupt- und Landgestüt Neustadt/Dosse. (Foto: M. Schwöbel)
Schließlich entschied man sich im Jahre 1978 für die Bezeichnung “Shagya-Araber”, da der früher übliche Begriff “Araber-Rasse” zwangsläufig zu Verwechslungen mit der Zuchtrichtung “Araber” führen musste, die in den einzelnen Ländern verschieden definiert wird.   

Der Überbegriff “Shagya-Araber” bezieht sich auf den 1836 nach Bábolna importierten Beduinenhengst SHAGYA. Dieser “geapfelte Honigschimmel”, der nach Fürst Pückler “von starkem Bau und dem schönsten Ebenmaß aller Teile” war, erwies sich als einer der einflussreichsten Stammväter der Rasse.

Jeder Offizier schätzte sich glücklich, wenn er einen Shagya reiten durfte. So war z.B. die Leibgarde des Kaisers mit Shagyas Radautzer Prägung beritten.
Leider führte diese Namengebung heute noch zu Missverständnissen: Der Name Shagya-Araber umfasst als Überbegriff eben auch alle anderen Stämme.

Heute dürfen nur solche Pferde die Bezeichnung Shagya-Araber tragen, die sich auf die alten Stutbücher von Radautz und Bábolna zurückführen lassen und dem Zuchtziel entsprechen.

 Emanuel (Estoril ox x Aysha) mit Heiko Bremer bei der Leistungsprüfung in Neustadt/Dosse, die er erfolgreich absolvierte. (Foto: M. Schwöbel)